Seit ein paar Tagen ist ja die neuste Version von Adobes Lightroom 5 (LR5) verfügbar. Wenn man das Programm zum ersten Mal startet, fällt einem eigentlich noch gar nichts auf. Es sieht auf den ersten Blick genau gleich aus wie schon Lightroom 4. Wenn man dann allerdings damit arbeitet, merkt man schnell, dass hier und dort etwas getunt oder optimiert wurde. Auch einige neue Funktionen sind hinzugekommen und Adobe verspricht einen Performance-Schub „auf allen Plattformen“.
Es geht mir wohl so wie den meisten von Euch bei neuen Programmversionen oder –updates. Von den jeweils Dutzenden von neuen Features und Funktionen sind längst nicht alle für jedermann/frau relevant. So auch bei LR5. Eigentlich sind es v.a. zwei neue Funktionen, die mich besonders interessierten: Die erweiterte Stempelfunktion sowie die automatische Perspektivekorrektur. Für ersteres benutze ich immer noch recht häufig ein zusätzliches Bildbearbeitungs-Programm (Pixelmator), da die bisherige Stempelfunktion doch eher rudimentär und vermutlich v.a. zur Entfernung von Sensorflecken gedacht war. Meine Hoffnung war, jetzt noch mehr direkt in LR5 machen zu können, denn es stört den Workflow doch ziemlich, wenn man die Bilder in mehrere Programmen bearbeiten muss. Die Perspektivekorrektur war auch schon in LR4 möglich, allerdings ohne Automatik, d.h. es war unter Umständen ziemlich viel Justierungsarbeit nötig (horizontal, vertikal, drehen, kippen etc.), bis alle Winkel stimmten. Hier erhoffte ich mir v.a. einen Komfortgewinn durch die Automatik.
In den Promo-Videos von Adobe funktioniert das natürlich alles ganz wunderbar und wie von Zauberhand. Da ich aber mit ähnlichen Funktionen in anderen Programmen durchaus gemischte Erfahrungen gemacht habe, war ich gespannt, wie sich Adobe in dieser Hinsicht schlägt. Schaumschlägerei oder echter Fortschritt?
Stempel-/Korrekturwerkzeug
Bisher konnte man in LR4 nur kreisförmige Bereiche auswählen, die man korrigieren wollte. Man konnte die Grösse des Kreises anpassen, die Dichte und ob man „reparieren“ oder „kopieren“ wollte. Beim Kopieren wird logischerweise ein Bereich des Bildes kopiert und woanders eingefügt. Beim Reparieren ist es etwas komplexer: Dabei wird zwar auch kopiert, der kopierte Bereich wird jedoch in Struktur, Ausleuchtung und Schattierung dem zu korrigierenden Bereich angepasst. Ganz grob kann man sagen: Wenn man etwas wegnehmen möchte, repariert man, wenn man etwas hinzufügen möchte, dann kopiert man. Auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel.
Für kleine und/oder punktförmige Objekte hat das ganz gut funktioniert. Bei grösseren Fehlern oder linienförmigen Korrekturen (Stromleitungen…) wurde das Ganze aber sehr schnell sehr mühsam und auch qualitativ unbefriedigend. LR5 setzt hier an und erlaubt neu nun auch andere als kreisförmige Korrekturen. Im Prinzip kann man wie mit einem Pinsel über das zu korrigierende Objekt fahren und LR5 entfernt dieses automatisch und ergänzt den Hintergrund. Soweit die Theorie :-).
Hier nun ein paar ungeschönte Praxisbeispiele. Zuerst das Originalbild (bzw. der zu korrigierende Ausschnitt) und anschliessend die korrigierte Version; genauso, wie es LR5 vorschlägt, ohne jegliche manuelle Korrektur.
Wie man deutlich sehen kann, funktioniert es im allgemeinen nicht so problemlos, wie Adobe uns das weismachen will. In manchen Fällen stellt es immerhin eine Arbeitserleichterung dar, wo man nur noch partiell manuell nachkorrigieren muss. Aber auf ein externes Bildbearbeitungsprogramm kann man noch lange nicht verzichten.
Automatische Perspektivekorrektur
Die Funktion Perspektivekorrektur als solche ist eigentlich nicht neu, die gab es schon in LR4. Bei Fotos, die in zwei Ebenen verzerrt waren und evt. sogar noch mit schiefem Horizont aufgenommen wurden, war es manchmal ein ziemliches Geduldspiel, alles ins Lot zu bekommen. Neu ist, das LR5 nun dies halb- oder vollautomatisch mit einem einzigen Mausklick erledigen kann (können soll…).
Auch hier ein Praxisbeispiel. Das erste Bild ist so, wie es aus der Kamera gekommen ist, das zweite Bild ist mit der automatischen Korrektur von LR5 gemacht und das dritte Bild habe ich mit den manuellen Korrekturreglern erstellt.
Es fällt auf, dass LR5 die stürzenden Linien nicht zu 100% gerade stellt. Ob das Zufall oder Absicht ist, weiss ich nicht. Manchmal ist es tatsächlich besser, bzw. macht einen natürlicheren Eindruck, wenn die perspektivische Verzerrung nicht zu 100% korrigiert ist. In diesem Fall jedoch finde ich die manuelle Variante besser. Ausserdem hat die automatische Perspektivekorrektur naturgemäss Mühe z.B. bei konischen Objekten. Da sich durch die Perspektivekorrektur natürlich auch der Bildausschnitt ändert/verkleinert, sollte man gut darauf achten, dass LR5 keine bildwichtigen Teile abschneidet. Im obigen Beispiel hat die Automatik ziemlich viel Vordergrund abgeschnitten und dafür oben mehr Luft gelassen.
Fazit: Wie von mir vermutet oder befürchtet, funktionieren die Automatismen in der Realität nicht so problemlos wie in den Werbe-Videos von Adobe. Sie sind zwar durchaus eine Arbeitserleichterung und man kommt teilweise schneller ans Ziel als bisher, aber eine händische Nachbearbeitung ist in vielen Fällen immer noch nötig. Auch auf Zusatzprogramme wie z.B. Pixelmator kann man nach wie vor nicht verzichten.