Loupedeck+

Loupedeck und Lightroom Classic LrC – Ein Erfahrungsbericht…

Schon seit Jahren liebäugle ich mit der Fotobearbeitungs-Konsole Loupedeck+. Jedesmal, wenn ich auf meinen digitalen Streifzügen im WWW darübergestolpert bin, war ich in Versuchung, das Teil zu bestellen. Die Gründe, die mich bisher vom Kauf abgehalten haben, waren durchaus vernünftiger Natur: Zweifel ob der Nützlichkeit (die Konsole kann auch nicht mehr als die Kombination aus Tastatur/Maus, nur anders?); noch ein Staubfänger auf dem Tisch; teuer. Zum letztjährigen Black Friday war das Loupedeck+ gerade im Angebot, also habe ich in einem schwachen (?) Moment zugeschlagen, die Neugier war grösser als die Vernunft.

Natürlich habe ich vorgängig mehrere Reviews gelesen bzw. auf Youtube geschaut. Die Erfahrungen der verschiedenen Tester waren einigermassen konsistent: Hardware pfui, Software hui, Nutzen gut-sehr gut. Konkret wurde die billige Plastikausführung bemängelt und die Tatsache, dass die Verbindung immer noch mit einem USB-Kabel hergestellt werden muss, v.a. in Betracht des happigen Preises (UVP EUR 250.-). Der Nutzen für den Workflow und die eigentlich Bildbearbeitung wurde jedoch fast durchgängig als positiv beurteilt, teilweise sogar recht enthusiastisch.

Erster Eindruck

Durch das matte Finish sieht die Konsole eigentlich recht ansprechend und hochwertig aus. Dieser Eindruck ändert sich jedoch spätestens, wenn man das Teil benutzt. Das laute und “billige” akustische Feedback der Tasten und Regler offenbart gnadenlos die Plastikbeschaffenheit und und ist einer so teuren Tastatur unwürdig. Und wenn schon Kabel, dann doch bitte wenigstens USB-C statt USB-A, wir befinden uns immerhin im Jahr 2023…

Installation

In der Schachtel ist keine Anleitung dabei, nur ein Zettel mit einem Hinweis auf die Homepage von Loupedeck. Die passende Software (Mac oder PC) ist schnell heruntergeladen und installiert. Allerdings habe ich keine vernünftige Schritt-für-Schritt-Anleitung gefunden, wo die Funktionsweise bzw. die zugrundeliegende Logik detailliert beschrieben wäre. Es gibt zwar “FAQ’s”, da bekommt man aber nur einzelne Häppchen vorgesetzt und muss sich selber durchhangeln.

Benutzung

Das Motto hiess also “Probieren statt Studieren” – muss ja nicht zwingend schlecht sein 😉 . In den Einstellungen das gewünschte Programm auswählen, bei mir also Lightroom Classic (LrC) und man kann durch die vorinstallierten Presets sofort anfangen. Gleich mal ein paar alte Bilder neu bearbeiten. Dabei auch endlich das erste Erfolgserlebnis: Die Belichtungsanpassungen mit den beschrifteten (und lautlosen!) Drehreglern machen richtig Laune. Hier spielt das Loupedeck seine Stärken aus. Schon nach kurzer Zeit fühlt sich die klassische Bedienung mit Maus und virtuellem Schieberegler umständlich und ungenau an. Ein bisschen mehr Widerstand beim Drehen wäre allerdings gut, denn ansonsten verstellt man beim Hantieren der oberen Regler versehentlich gerne mal diejenigen darunter. Die vordefinierten Farbräder sind ebenfalls genial; wenn nur dieses fürchterlich Klackern nicht wäre… Sogar im Nebenraum wundert sich meine Frau über das nervige Geklapper!

Schwieriger wird es dann, wenn man den Bereich der vordefinierten und beschrifteten Regler/Tasten verlässt (und genau das haben alle diese ach so kritischen Youtube-Reviews wohl tunlichst unterlassen). Welche Funktionen verstecken sich z.B. hinter den Knöpfen L1 bis L3? Dazu muss man in die Loupedeck-App wechseln und dort auf die entsprechende Taste klicken. Umständlicher und unübersichtlicher gehts kaum. In derselben App können denn auch alle Bedienelemente mit mehreren Funktionen belegt werden. Die Möglichkeiten sind endlos. Das Chaos ebenso.

Und dann das Tasten-Layout. Keine Ahnung, was der verantwortliche Designer geraucht hat, aber er sollte es möglichst bald absetzen. Es ist keine Logik erkennbar. Die Knöpfe C1 bis C6 sind ein gutes Beispiel: C1 und C2 sind grosse eckige und C3 bis C6 kleine runde Knöpfe; dazu sind die sechs Tasten an drei verschiedenen Orten platziert (links unten, in der Mitte, rechts unten). Wer bitte denkt sich denn so etwas aus… 🙁 . Auch die Regler D1 und D2 sind am entgegengesetzten Ende der Tastatur angeordnet. Warum? D1 ist übrigens ein gutes Beispiel für eine weitere, prinzipbedingte Schwäche der Konsole. D1 ist aktuell mit der Funktion “Dunst entfernen” belegt. Alle anderen Einstellungen im Reiter “Allgemein” haben ihre eigenen Regler (Belichtung, Schatten, Schwärzen etc.), die entsprechend beschriftet sind. Das Layout der Konsole stammt aber offenbar noch aus der Zeit, als die Funktion “Dunst entfernen” noch gar nicht in LR implementiert war. Mit anderen Worten: Zukünftige neue Funktionen kann Loupedeck+ unter Umständen gar nicht vernünftig ansteuern bzw. müssen mit mehr oder weniger aufwendigen Workarounds nachgebaut werden.

Die Tasten C1 bis C6: Kein System erkennbar…

Langer Rede kurzer Sinn: Ich habe Stunden damit verbracht, eine für mich logische Tastenbelegung zu programmieren und bin auf keinen grünen Zweig gekommen. Immer wurde ich durch irgendeine Unzulänglichkeit ausgebremst.

PRO und CONTRA

Im folgenden eine kompakte, unvollständige Aufstellung der mir aufgefallenen Punkte.

PRO

  • Bessere oder zumindest andere Ergonomie als mit der Maus
  • Sehr feine Einstellmöglichkeiten mit den Drehreglern (mein persönliches Highlight)
  • Presets auf Tastendruck
  • Endlos individualisierbar bzw. programmierbar

CONTRA

  • Nicht wertig, alles Plastik
  • Kabel statt wireless und dann auch noch USB-A…
  • Lautes und „billiges“ Klicken der Tasten und Drehräder
  • Beim Verstellen der oberen Drehknöpfe oder Farbräder berührt und verstellt man manchmal die unteren. Mehr Drehwiederstand wäre besser
  • Loupedeck-App: Unvollständige, schlechte Uebersetzung ins Deutsche
  • Komplizierte bzw. fehlende Anleitung
  • Alle (um-)programmierten Tasten müssen im Kopf behalten werden
  • Taste für Zoomen (100%) zoomt immer zum Mittelpunkt
  • Mit den neuen Maskierungstools überfordert, besser gleich per Maus
  • Knöpfe irgendwie zufällig angeordnet
  • Viele Tasten programmierbar, aber dann unlogische Anordnung
  • Keine Anzeige, in welchem Workspace oder Mode man sich gerade befindet
  • Drehknöpfe oder Drehräder bzw. runde oder eckige Knöpfe (C1-C6): Keine Logik dahinter
  • Kann die Maus nur bedingt ersetzen (Masken); warum nicht gleich ein Trackpad integrieren?
  • Mit Copy/Paste werden die Masken nicht intelligent kopiert, sondern einfach 1:1 (z.B. Motiv, Objekt, Himmel etc.)
  • Bei neuen oder abgeänderten Funktionen in LR neuer Programmieraufwand nötig
  • Im Loupedeck-Tool ist nicht ersichtlich, welche Funktionen schon zugewiesen wurden
  • Manchmal unterbricht die Verbindung, obwohl das Loupedeck aktiv ist (LED) und mit Kabel verbunden. Aus- und Einstecken hilft meistens.

Fazit

Eine gute Idee schlecht umgesetzt und nicht zu Ende gedacht. Ich verkaufe das Loupedeck+ möglichst bald wieder, es ist keine für mich befriedigende Lösung möglich.

Vielleicht, aber nur vielleicht, lege ich mir mal das Loupedeck Live zu; dieses verspricht mit der Kombination von LCD-Screen und manuellen Reglern ein besseres Nutzererlebnis bzw. eine flexiblere Gestaltung. Und das für denselben Preis wie das Loupedeck+, was dessen Preis-/Leistungsverhältnis nochmals verschlechert…


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