Ich habe mich verliebt.
In eine schlanke Schwedin. Im Moment sind wir fast unzertrennlich. Ich kann kaum die Finger von Ihr lassen. Sie begleitet mich sogar zur Arbeit, sitzt auf meinem Pult und strahlt mich mit Ihrem grossen, leuchtenden Kullerauge an. In der Mittagspause unternehmen wir gemeinsame Spaziergänge und abends vergnüge ich mich mit ihr auf dem Sofa. Ich bin mir allerdings nicht sicher, wie lange meine Frau dem Treiben noch tatenlos zuschaut…
Es war Liebe auf den zweiten Blick. Schon vor drei Jahren, bei unserem ersten (noch virtuellen) Zusammentreffen, war ich ein bisschen verknallt in sie. Aber dann hatten die Leute begonnen, schlecht über sie zu reden und schlimme Sachen gemunkelt; ich bin ihnen auf den Leim gekrochen und habe die Beziehung abgebrochen. Dabei hätte ich es eigentlich besser wissen müssen, schliesslich kenne ich ihre Familie und deren untadeligen Ruf noch von früher.
Als ich ihr dann anfangs Dezember zufällig wieder über den Weg gelaufen bin (wiederum virtuell), war’s aber um mich geschehen. Das alte Feuer loderte wieder auf, stärker als je zuvor; jegliche Rettung war zu spät. Ich war ihr hemmungslos verfallen. Und aus einer virtuellen Beziehung ist eine Reale geworden.
Meine bisherige Favoritin, die etwas kräftiger gebaute Japanerin (eine ehemalige Sumo-Ringerin, mit der sich meine Frau inzwischen arrangiert hatte…) hat sich – nicht ganz freiwillig – eine andere Bleibe gesucht, nachdem sie eine Woche lang im Gästezimmer geschmollt hatte. Sie tut mir ja ein bisschen leid, aber wo die Liebe hinfällt…
Also gut, Leute; ihr habt es natürlich schon lange gemerkt (das Titelfoto ist ja schon ziemlich eindeutig…): Ich bin vom Pentax 645-System auf das Hasselblad X-System umgestiegen. Warum? Wie gesagt, wo die Liebe hinfällt… Nein, im Ernst, natürlich gibt es handfeste Gründe. Schauen wir uns zuerst die wichtigsten technischen Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede und der beiden Systeme an.
Gemeinsamkeiten
Die sind schnell aufgezählt. Beides sind sogenannte Mittelformatsysteme und beide haben die gleiche physische Sensorgrösse, nämlich 33x44mm. Und beide sind gedichtet (nicht zu verwechseln mit „wasserdicht“). Damit erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten aber auch schon.
Unterschiede
Am offensichtlichsten ist wohl der Grössenunterschied; und als Folge davon auch derjenige im Gewicht. Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Konstruktion der beiden Kameras. Die Pentax 645D ist eine Spiegelreflexkamera und benötigt das grosse Gehäuse für den Spiegel und das Prisma für den optischen Sucher. Die Hasselblad X1D ist – auf Neudeutsch – eine sogenannte „Mirrorless“-Kamera. Das Bild im Sucher wird elektronisch erzeugt. Aus diesem Grund kann das Gehäuse extrem schmal ausfallen. Mirrorless-Kameras sind daher aber auch ziemliche Stromfresser. Ohne Ersatzakku sollte man besser nicht aus dem Haus…
Der zweite wichtige Unterschied betrifft den Sensor. Zwar sind beides Sony-Sensoren mit den Abmessungen 33mm x 44mm, aber derjenige der Pentax 645D stammt aus dem Jahre 2010, derjenige der Hasselblad X1D aus dem Jahre 2014 (seither hat sich bei dieser Art von Sensoren nicht mehr viel getan; soviel mir bekannt ist, benutzen alle neueren Einstiegs-Mittelformatkameras wie die Fuji GFX50, die Pentax 645Z und auch die ganz neue Hasselblad X1D Mark II immer noch diese Sensorgeneration). Korrekt heisst das: 50MP statt 40MP und ein ISO-Bereich bis 25600 statt nur bis 1600. Und ich muss sagen, die High-ISO Fähigkeiten der Hasselblad beeindrucken mich sehr. Bei der Pentax 645D war der Gebrauch von ISO 1600 eher theoretischer Natur, denn die Kamera hat damit eher impressionistische Gemälde produziert als Fotos. Die Hasselblad macht sogar mit ISO 25600 noch akzeptable Bilder!
Der dritte wichtige Unterschied betrifft die Menusteuerung. Die Pentax 645D hat ein klassisches Interface mit vielen Tabs und Listen, durch die man mit verschiedenen Tasten navigiert. Recht übersichtlich für meine Begriffe, aber gegenüber der Hasselblad etwas altbacken. Die Hasselblad kommt mit einer Art Smartphone Touchscreen daher. Obwohl zu Beginn eher skeptisch, bin ich jetzt begeistert. Einfache Menüstruktur, sehr reaktionsschnell und man kann sich Shortcuts anlegen, sodass man alle häufig benutzten Menüpunkt mit einem Tap erreichen kann. Natürlich könne alle Parameter, die man während des Fotografieren benötigt (Zeit, Blende, ISO, Autofokus, Belichtungskorrektur etc.) auch blind über Tasten verändert werden, ohne die Kamera vom Auge zu nehmen.
Von all den Kinderkrankheiten und Bugs, welche die Kamera wohl bei ihrer Markteinführung hatte, habe ich nichts mehr gemerkt (bis auf eine Ausnahme, siehe unten). Hasselblad scheint mit Firmwareupdates alles gefixt zu haben. Der einzige Bug, den ich noch feststellen konnte, sind hin und wieder Totalabstürze des Systems. Der Sucher wird weiss und nichts geht mehr, auch Ausschalten nicht. Es hilft nur, Batterie rausnehmen und wieder reinstecken…
Nun aber genug Technik. Für Technik-Nerds gibt es im Internet genug Quellen, wo alle Details zur Hasselblad X1D aufgelistet sind. Oder Ihr stellt mir Fragen mittels der Kommentarfunktion.
Subjektives
Wenn ich ganz ehrlich bin, sind die oben aufgeführten technischen Gründe bzw. Verbesserungen nur die Hälfte der Wahrheit. Die andere, mindestens genauso wichtige Hälfte betrifft Emotionen… Jaa doch, ich weiss; die Kamera ist nur ein Werkzeug, dass einem bei der Erledigung einer Aufgaben möglichst gut dienen soll… blablabla… Bei keinem meiner Hobbys, die ich mit Leidenschaft betreibe, hat diese Aussage für mich (!) Gültigkeit. Ich liebe es, wenn mich mein „Werkzeug“ inspiriert, wenn mich die Haptik dazu verführt, es anzufassen und auszuprobieren und wenn dessen Gebrauch mir jedesmal ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Insofern ist die Einleitung zu diesem Beitrag „Ich habe mich verliebt…) gar nicht so unpassend. Natürlich ist so eine Einstellung total unvernünftig, aber das Leben ist zu kurz, um immer nur rational und vernünftig zu sein…
Bilder
Nach dieser doch sehr textlastigen Einleitung folgen natürlich auch noch ein paar Bilder. Irgendwie hat es bei mir Tradition, dass mein erster Fotoausflug mit einer neuen Kamera auf den Hausberg von Zürich, den Uetliberg geht 🙂
So, das war’s für Erste von meiner neuen Leidenschaft. Ich befürchte, ich werde Euch noch häufiger damit belästigen und bitte schon im Voraus um Nachsicht. Ihr wisst ja, wo die Liebe hinfällt… 😉
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