Da mein „alter“ Fotorucksack, der Boblbee Procam500XT den Dienst quittiert hat (Näheres dazu weiter unten), musste ein Neuer her. Aus diesem Grund habe ich im Moment fünf verschieden Modell bei mir zuhause und nehme dies zum Anlass, einen kleinen subjektiven Foto-Rucksack-Test zu veröffentlichen. Von den fünf Modellen wird einer weiterverkauft, der alte kommt in den Müll, somit bleiben drei übrig; jeder für seinen speziellen Einsatzzweck.
Was dieser Test nicht ist: Ein Vergleichen/Gegenüberstellen von Features oder tech-nischen Daten im Sinne von: Rucksack A hat ein Volumen von 25 l, vier Aussentaschen und kommt mit Regenhülle und Stativhalterung. Alle diese Daten könnt Ihr besser auf der Homepage des jeweiligen Herstellers nachlesen. Einzig die Aussenmasse und das Gewicht sind aufgeführt, weil dies doch essentielle Informationen sind. Am Ende dieses Tests findet Ihr alle Herstellerlinks. Auch Preise führe ich bewusst keine auf, denn die wechseln sowieso dauernd bzw. unterscheiden sich teilweise massiv zwischen Fachhandel und Internetshops. Nur ein Beispiel: Der LowePro Vertex 300 kostet bei Digitec (www.digitec.ch) CHF 249.-, der lokale Fachhandel möchte dafür CHF 420.- haben. Das sind satte 70% Preisunterschied…!
In diesem Bericht werde ich v.a. auf die Features oder Eigenschaften eingehen, die im Vergleich herausstechen oder die ich als besonders erwähnenswert erachte, sowohl positiv wie negativ.
Meine Anforderungen
Erwünschtes Fassungsvermögen: Mittelformatkamera Pentax 645D, drei Objektive (darunter des relativ sperrige 2.8/90mm Macro), ein Blitz und natürlich das übliche Zubehör wie Filter, Ersatzbatterie, Fernauslöser etc. Neu dazugekommen ist jetzt auch noch ein viertes Objektiv, das 3.5/35mm, dass ich in einem vorherigen Post vorgestellt hatte. Wichtig für mich ist der einfache Zugang zur kompletten Ausrüstung, also Deckel auf und voila, der ganze Krempel liegt vor einem. Kein umständliches Kramen in verschiedenen Rucksackfächern. Ebenfalls wichtig für mich, dass ich die Objektive „gebrauchsfertig“ verstauen kann, also mit korrekt aufgesetzter Sonnenblende. Vier der fünf Modelle erfüllen dieses Kriterium mehr oder weniger gut, der F-Stop Kenti bildet in diesem Test in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahme. Warum ich ihn trotzdem mit aufgenommen habe, werde ich weiter unten erläutern. Aber der Reihe nach.
LowePro Vertex 300
Erfahrungen: Neu gekauft, daher noch keine Praxiserfahrung; nur „trockengetestet“ in der heimischen Stube.
Grösse gem. Hersteller: HxBxT 55x33x26
Grösse selber nachgemessen * (ohne Tragesystem): HxBxT 57x35x23
Leergewicht: 3.7 kg
Fassungsvermögen: Fasst meine gesamte Ausrüstung locker und hat noch Platz für Laptop/Tablet, Regenschutz, Picknick, Wasserflasche, Mütze, Handschuhe etc.
Tragekomfort: Man merkt, dass LowePro seine Wurzeln im Alpinbereich hat. Das Tragesystem gehört m.M.n. zum Besten, was es auf dem Markt gibt. Der Hüftgurt sitzt tatsächlich auf den Hüften und nicht auf dem Bauch wie bei den meisten anderen Ruck-säcken. Da stört es wenig, dass der Rucksack zu den schwereren Exemplaren gehört.
Qualität: Exellent; extrem dicke und wertige Polsterung. Scheint für die Ewigkeit gemacht. Alle Reissverschlüsse versiegelt, dafür etwas schwergängig.
Besonderheiten: Ist schon ein rechtes Trumm und durch seine Quaderform wirkt er noch voluminöser und v.a dicker, als er eigentlich ist. Auf den Fotos scheint er der mit Abstand dickste Rucksack zu sein, wenn man aber die (selber) gemessenen Masse vergleicht, ist er nicht dicker als die anderen. Ist der Einzige der fünf Rucksäcke, der u.U. Probleme machen könnte als Handgepäck im Flugzeug, weil er nicht nur gross ist, sondern noch grösser scheint.
Thule Perspektiv Backpack
Erfahrungen: Neu gekauft, daher noch keine Praxiserfahrung; nur „trockengetestet“ in der heimischen Stube.
Grösse gem. Hersteller: HxBxT 52.5x33x26
Grösse selber nachgemessen * (ohne Tragesystem): HxBxT 54x33x22
Leergewicht: 2.1 kg
Fassungsvermögen: Rein von den Massen her sollte meine Ausrüstung eigentlich gut darin Platz finden, allerdings sind die Klett-Teiler zu schmal für Mittelformat-Objektive. Irgendwie konnte ich keine wirklich befriedigende Lösung finden, bzw. hätte immer die Sonnenblenden umstecken müssen. Sehr praktisch jedoch das gepolsterte Deckelfach.
Tragekomfort: Scheint irgendwie nicht mit meinem Rücken kompatibel zu sein. Das untere Rückenpolster ist mir zu dick und der Hüftgurt sitzt zu hoch. Habe eine halbe Stunde mit dem beladenen Rucksack verschiedene Einstellungen ausprobiert, aber keine perfekte Lösung für mich gefunden.
Qualität: Sauber verarbeitet, allerdings scheint mir die äussere Rucksackschale etwas dünn und flexibel. Hat wahrscheinlich keine Bedeutung, aber beim Aufnehmen des voll beladenen Rucksackes hatte ich ein etwas schwammiges Gefühl. Dafür halt sehr leicht.
Besonderheiten: Sehr stylish und toll designt. Von der Form her eigentlich genau mein Geschmack: Schlank und elegant ohne tausend Aussentaschen, Haken und Ösen. Der Zugang zum Hauptfach erfolgt über die Rückseite. Das wäre mir im Prinzip zwar egal, aber in der Praxis kommen einem dann die Träger und der Hüftgurt doch ziemlich störend in den Weg, bzw. müssen umständlich nach hinten gefaltet werden. Ausserdem quietscht er ein wenig beim Tragen; klingt blöd, aber mich nervt es.
HPRC3500
Erfahrungen: Seit rund dreieinhalb Jahren mein Rucksack für’s Grobe, d.h. sporadisch im Einsatz.
Grösse gem. Hersteller: HxBxT 50x37x18.5
Grösse selber nachgemessen * (ohne Tragesystem): HxBxT 50x34x20
Leergewicht: 3.0 kg
Fassungsvermögen: Meine bisherige Ausrüstung mit drei Wechselobjektiven ging knapp hinein, mit dem vierten Objektiv wäre es schwierig geworden, v.a. mit aufgesetzten Sonnenblenden. Die Platznot wird noch verschärft durch die Tatsache, dass es keinerlei Aussentaschen gibt, d.h. es muss alles in den Rucksack selber.
Tragekomfort: Wie zu erwarten, ist ein Hardcase nicht so komfortabel zu tragen wie ein normaler, „weicher“ Rucksack. Zwar ist er angenehmer als es auf den ersten Blick aussieht, aber trotzdem bildet der HPRC3500 in dieser Kategorie das Schlusslicht. Allerdings könnte mit einem etwas besser gefütterten und konturierten Rückenpolster und v.a. einem vernünftigen Hüftgurt durchaus eine Verbesserung erzielt werden. Ich hatte kurz die Idee, in dieser Hinsicht selber etwas zu basteln, bin dann aber wieder davon abgekommen, da es doch ziemlich aufwändig wäre. Schade, bietet der Hersteller hier keine Aufrüst-Option an. Die hintere Schale wäre nämlich mit sieben Schrauben einfach auszuwechseln.
Qualität: Als Hardcase natürlich mehr oder weniger „bomb-proof“. Die Verschlüsse sind stabil und das ganze Case ist für die Ewigkeit gemacht. Kann man auch in den See schmeissen, ohne dass der Inhalt Schaden nimmt.
Besonderheiten: Der HPRC ist in zwei Versionen lieferbar: Entweder mit Würfelschaumstoff oder mit einer Innentasche und Klett-Teilern. Ich habe die zweite Variante, da sie doch wesentlich flexibler ist. Meines Wissens der einzige Rucksack seiner Art. Angenehmer Nebeneffekt: Man kann ihn auch als Hocker verwenden, wenn man z.B. auf den Zug wartet… 🙂
Boblbee Procam500XT
Erfahrungen: Dies war die letzten drei Jahre mein (Haupt-) Fotorucksack und musste so einiges mitmachen. Zwar habe ich ihn immer pfleglich behandelt, aber schliesslich ist so ein Rucksack ja dazu da, die Ausrüstung vor Ungemach zu schützen.
Grösse gem. Hersteller: HxBxT 54x33x23
Grösse selber nachgemessen * (ohne Tragesystem): HxBxT 52x32x24
Leergewicht: 2.7 kg
Fassungsvermögen: Mit meinen bisherigen drei Objektiven war der Rucksack mehr oder weniger voll, das vierte hätte nur noch hineingepasst, wenn ich bei allen die Sonnenblenden abgenommen/umgesteckt hätte. Aber selbst dann wäre es knapp geworden. Durch die ziemlich dicke Aussenhülle (die dadurch allerdings sehr gut schützt) ist der nutzbare Innenraum relativ klein.
Tragekomfort: Sehr gut. Die Schulterträger sind angenehm konturiert, allerdings sitzt auch bei diesem Modell der Hüftgurt zu hoch. Wenn man die Träger verlängert, dass der Rucksack ein bisschen nach untern rutscht, sitzt die Wölbung des Rückenpolsters nicht mehr optimal. Trotzdem recht angenehm zu tragen.
Qualität: Die Aussenschale ist sehr stabil und zeigt bis heute keinerlei Abnutzunger-scheinungen. Jedoch sind die Tragegurte etwas zu fragil, es zeigten sich bereits nach einem Jahr kleine Risse. Nichts tragisches oder sicherheitsrelevantes, aber halt doch ein Zeichen von Überlastung. Auch die Reissverschlüsse sind inzwischen alle kaputt: Die Zipper zum Ziehen sind abgebrochen und der Reissverschluss selber hat sich vom Rucksack gelöst, sodass er nicht mehr geschlossen oder geöffnet werden kann. Natürlich ist das jetzt ein bisschen unfair, da es das einzige Modell der hier getesteten ist, dass auch wirklich über Jahre im Einsatz war. Trotzdem bleibt für mich das Fazit: Toller Rucksack, sofern man ihn nicht zu schwer belädt.
Besonderheiten: Der Boblbee ist eine Mischform zwischen Soft- und Hardcase. Die Aussenschale besteht aus einer Art Hartschaum, die recht dick, aber leicht ist. Sehr elegante, schlanke und gefällige Form.
F-Stop Kenti
Erfahrungen: Neu gekauft, daher noch keine Praxiserfahrung; nur „trockengetestet“ in der heimischen Stube.
Grösse gem. Hersteller: HxBxT 43x28x21
Grösse selber nachgemessen * (ohne Tragesystem): HxBxT 45x31x18
Leergewicht: 1.5 kg
Fassungsvermögen: Pentax 645D mit einem angesetzten Objektiv, dazu noch zwei weitere Objektive; plus eine Regenjacke, ein Picknick o.ä. im oberen Fach. Auch ein Laptop oder Tablet passt noch rein.
Tragekomfort: Wie gesagt, nur trockengetestet, aber im ersten Eindruck sehr bequem. Erstaunlicherweise sitzt auch der Hüftgurt genau da, wo er sein sollte, obwohl das v.a. bei kleinen Rucksäcken meisten ein Problem ist.
Qualität: Auf den ersten Blick hervorragend, aber das muss die Zeit zeigen. Immerhin offeriert F-Stop eine 20-jährige (!) Garantie auf die Rucksäcke dieser Serie. Das schafft Vertrauen.
Besonderheiten: Der Zugriff auf die Ausrüstung erfolgt nicht über eine einzige Klappe, sondern über zwei seitliche Zugriffe auf zwei separate Fächer. Oberhalb dieser zwei Kamerafächer befindet sich noch ein kleines Abteil für nichtfotografisches Zubehör wie oben erwähnt. Verschlossen wird dieses Abteil mit einem wasserdichten Rollverschluss. Durch die seitlichen Zugriffe, kann man auf die Kamera zugreifen, ohne den Kenti abzusetzen; einfach aus einem Träger herauschlüpfen, den Rucksack nach vorne schwenken und die seitliche Klappe liegt genau vor einem.
Fazit
Und welchen von den Fünfen behalte ich nun?
Lowepro Vertex 300: Behalte ich. Auch vollbepackt superbequem zu Tragen. Viel Platz auch noch für andere Ausrüstung als die fotografische.
Thule Perspektiv Backpack: Ist bereits wieder verkauft, da ich aus den obengenannten Gründen nicht richtig warm wurde damit.
HPRC3500: Behalte ich. Bleibt weiterhin mein Case für’s Grobe, wenn ich nicht die komplette Ausrüstung brauche und auch nicht allzuweit schleppen muss.
Boblbee Procam500XT: Kaputt, kommt in den Müll
F-Stop Kenti: Behalte ich als kleines Daypack. Gerade für Städtetrips ist der LowePro ein bisschen überdimensioniert und sperrig. Hier bietet sich der Kenti als leichte Alternative an. Auch wenn ich auf dem Rad unterwegs bin, kann ich darin komfortabel die Kamera mit einem oder zwei Objektiven mitnehmen.
Somit bleiben drei übrig; jeder für seinen speziellen Einsatzzweck. Nun wird mancher vielleicht sagen, drei Rucksäcke seien ein bisschen übertrieben. An dieser Stelle verweise ich einfach auf den Schrank meiner Frau: Dort lagert ca. die dreifache Anzahl an Hand-taschen. Es ist also alles relativ… 🙂
So, das wars in aller Kürze. Wenn Ihr noch konkrete Fragen zu einzelnen Produkten oder zum Vergleich insgesamt habt, könnt Ihr diese gerne in die Kommentare schreiben oder mir eine email senden. Ich gebe mir Mühe, alle Fragen zeitnah zu beantworten. Auch wenn Ihr eigene Erfahrungen mit einem der genannten Modelle habt, sind Kommentare sehr willkommen.
Herstellerlinks:
LowePro Vertex 300
Thule Perspektiv Backpack
HPRS3500
Boblbee Procam500XT
F-Stop Kenti
* Die Unterschiede in den Massen ergeben sich teilweise aus der Tatsache, dass einige Hersteller auch noch das Tragesystem oder abstehende Oesen etc. mitmessen. Von den Hersteller-Massen her sind die ersten vier Rucksäcke fast identisch; in der Realität jedoch ergeben sich erhebliche Abweichungen. Man vergleiche nur mal den optischen Eindruck auf den Fotos… Deshalb habe ich bei meinen eigenen Messungen immer nur das „Kerngehäuse“ vermessen. Dazu kommt, dass es bei den „weichen“ Modellen natürlich immer eine Rolle spielt, wie sie gepackt sind; die äussere Form passt sich jeweils in Massen dem Inhalt an.
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