In diesem Beitrag möchte ich ein paar prägende Eindrücke während unserer Reise schildern. Es sind eher Anekdoten denn eine chronologische Geschichte. Es gibt auch keine Aufzählung oder Beschreibung aller besuchten Sehenswürdigkeiten; dafür ist jeder x-beliebige Reiseführer besser geeignet. Und selbstverständlich erheben unsere Eindrücke keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder gar Objektivität 😉 . Im Gegenteil: Im Rahmen einer zweiwöchigen, geführten Pauschalreise kann man nur einen winzigen Bruchteil des tatsächlichen Lebens dort erfahren und diese Erfahrungen sind situationsbedingt immer subjektiv.
Der Uebersichtlichkeit halber gliedere ich diesen Beitrag in fünf Kapitel:
- Menschen
- Kultur/Sehenswürdigkeiten
- Architektur
- Natur
- Infrastruktur
Menschen
Obwohl wir im Vorfeld durchaus von vielen positiven Berichten Iranreisender wussten, waren wir dann doch überrascht von der Diskrepanz der tatsächlichen Verhältnisse zu dem von den Medien vermittelten Bild. Es wurde uns bewusst, dass der Umgang mit „normalen“ Menschen auf der Strasse so rein gar nichts mit dem Machtgehabe der politischen Elite zu tun hat. In westlichen Zeitungen und Nachrichten wird vom Iran ein eher abweisendes, isolationistisches, fundamentalistisches und freudloses Bild gezeichnet. Im Kontakt mit den Menschen im Iran lösen sich die Befürchtungen rasch im Nichts auf. Die Iraner sind offen, nett und gastfreundlich, ohne je penetrant zu werden. Wenn sich abends oder an Festtagen die Picknickdecken überall ausbreiten, wird zusammen gegessen, getrunken, geschwatzt, gelacht und Wasserpfeife geraucht. Nur eine Anekdote dazu, die stelltvertretend für viele ähnliche Erfahrungen steht: An einem Morgen in Shiraz war ich alleine unterwegs auf Fotopirsch, als ich mir an einem Stand einen leckeren Melonenshake gönnte. Sofort scheuchte ein Iraner seinen Sohn von einem der bereitgestellten Stühle, um mir Platz zu machen. Es entwickelte sich eine mehr oder weniger stumme Konversation, da er kein Englisch und ich kein Farsi konnte, an deren Ende er seinen Sohn losschickte, ein weiteres (undefinierbares…) Getränk mit zwei Strohhalmen zu holen, dass wir dann gemeinsam tranken. Auch ein Stück vom gekauften Gebäck wurde mir feierlich überreicht und so sassen wir einander kauend und schlürfend gegenüber und übten uns in Zeichensprache während uns die Leute rundherum angrinsten… 🙂
Kultur/Sehenswürdigkeiten
Man vergisst hierzulande leicht, dass der Iran nicht „immer schon“ islamisch war. Erst im 7. Jahrhundert (unserer Zeitrechnung) schlug ein arabisches Heer dasjenige des damaligen persischen Grosskönigs; dies war der Beginn der Islamisierung des Irans. Die persische Hochkultur blickte zu jenem Zeitpunkt aber schon auf eine jahrtausendealte Geschichte zurück. Aus diesem Grund gibt es im Iran viel mehr zu sehen und zu bestaunen als geschmückte Moscheen, so eindrucksvoll diese auch sind (siehe „Architektur“). Das Reich Elam, die Meder, die Achämeniden, die Sassaniden sind frühe Hochkulturen, die in der vorislamischen Zeit ihre Spuren im Iran hinterlassen haben. Sogar in der biblischen Geschichte spielt diese Region eine Rolle (Buch Esther, Daniel, Nehemia). Entsprechend vielfältig sind die kulturellen Hinterlassenschaften all dieser Völker.
Architektur
Trotz der im vorherigen Abschnitt erwähnten Vielfalt der Kulturen sind es naturgemäss die „jüngeren“ Bauten (d.h. erst ein paar hundert Jahre alt…), die hervorstechen, einfach weil diese am besten erhalten sind und teilweise heute noch genutzt werden. Von den früheren Hochkulturen stehen halt häufig nur noch Ruinen, die nur noch eine Ahnung vom ursprünglichen Aussehen geben können. Ganz anders die Paläste und Moscheen jüngeren Datums. Hier lässt sich noch die ganze ursprüngliche Pracht der orientalischen Baukunst bewundern. Wie ich schon in einem früheren Beitrag erwähnte, aus fotografischer Sicht sind das wahre Fundgruben, wo man sich problemlos mehrere Tage einem einzigen Objekt widmen könnte – so man denn die Zeit dazu hätte… Gerade die Verbindung der teilweise strengen und einfachen Formen mit geradezu überbordender Ornamentik ergibt eine für mich unglaublich faszinierende Mischung, von der ich kaum genug bekommen konnte. Auch die historischen Brücken in Isfahan sind eine Klasse für sich und nicht umsonst weltberühmt.
Natur
Wir sind mit dem Bus durch beeindruckende Gebirgslandschaften gefahren, haben staubige Wüsten durchquert und konnten unsere Augen am leuchtenden Grün der Teeplantagen am Kaspischen Meer erfrischen. Dabei haben wir nur einen kleinen Teil Irans gesehen. Und trotzdem habe ich nur ganz wenige Landschaftsbilder gemacht, bzw. machen können. Der Grund liegt in den ersten fünf Wörtern dieses Abschnittes „Wir sind mit dem Bus…“. Wie ich schon mehrfach beklagt habe, waren unsere Busstrecken meistens reine Transfers von A nach B und von der Distanz her recht ambitiös geplant; Fotostops waren eher die Ausnahme denn die Regel. Ich bin aber überzeugt, dass Iran nicht nur für Kulturreisende, sondern genauso für Naturliebhaber ein lohnendes Ziel darstellt.
Infrastruktur
Wie schon erwähnt ist der Strassenverkehr mörderisch und Iran belegt in der internationalen Verkehrstoten-Statistik regelmässig vordere Plätze. Es wird links und rechts überholt, Stoppstrassen und Rotlichter werden kaum beachtet und die zahlreichen Motorräder füllen jede noch so kleine (nicht-)vorhandene Lücke. Die Motorräder benutzen auch gerne den Gehsteig als Ausweichspur. Generell gilt das Motto: „Wer bremst, verliert“… Die innerorts überall vorhandenen Schwellen ändern wenig daran. Die Strassen selber sind einem recht guten Zustand, sowohl in den Städten wie auch über Land (zumindest die Hauptverkehrachsen). Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, dass normales Linksabbiegen aufgrund von Fahrbahnteilern meistens nicht funktioniert. D.h. wer links will, muss sich zuerst nach rechts in den Verkehr einfädeln und in die falsche Richtung fahren bis es eine Lücke im Fahrbahnteiler gibt. Erst dort kann man dann wenden und die gewünschte Richtung fahren.
Zum iranischen Eisenbahnnetz kann ich leider gar nichts sagen, da wir dieses erstens nie benutzt und zweitens auch selten eine Bahn gesehen haben.
Busse fahren sowohl in den grösseren Städten als Nahverkehrsmittel als auch als Fernverbindung zwischen den Städten. Auch hierzu kann ich nichts beitragen, da wir ja immer unseren „eigenen“ Bus dabei hatten…
Falls wir doch einmal auf eigene Faust ein Transportmittel benötigten, war das Taxi das Mittel unserer Wahl. In den Städten sehr zahlreich vorhanden haben wir eigentlich nie länger als 3 Minuten gebraucht, um ein freies Taxi zu ergattern – auch abends zur Hauptverkehrszeit. Die Preise sind für Mitteleuropäer moderat, für uns Schweizer sogar unverschämt günstig: Eine halbe Stunde Taxi kostet zwischen 150’000 und 200’000 Rial, d.h. ca. CHF 4.50 – 6.00. Was ich weiter oben über das „nicht übers Ohr hauen von Touristen“ geschrieben habe, gilt übrigens auch für die Taxifahrer, ansonsten ja eine eher schlitzohrige Branche…
Fazit
Den Kommentaren während der Reise sowie den Anzahl Klicks der einzelnen Beiträge konnte ich entnehmen, dass meine kleine Iran-Serie Anklang gefunden hat, was mich natürlich sehr freut; für die vielen netten Kommentare/Bemerkungen, sowohl im Blog wie auch persönlich, bedanke ich mich bei allen. Falls ich bei dem einen oder anderen das doch recht einseitige Bild vom Iran, das durch Nachrichten und Zeitungen vermittelt wird, etwas relativieren konnte, bin ich zufrieden. Wir jedenfalls sind sehr froh, dass wir trotz unserer anfänglichen Bedenken die Reise „gewagt“ haben und werden noch lange von den Erlebnissen zehren. Bitte nicht falsch verstehen; es liegt im Iran so Manches im Argen, das sich nicht verniedlichen lässt und das dringend korrigiert werden sollte. Eine Reise vor Ort und Gespräche mit „ganz normalen“ Leuten lässt einen aber vieles mit ein wenig anderen Augen sehen. Nicht in allen Belangen besser, aber auf jeden Fall differenzierter…
Falls Ihr noch Fragen, Anmerkungen oder gar Ergänzungen habt, bitte unbedingt in die Kommentare schreiben.
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